5. Fastensonntag Lesejahr C – Johannes 8,1-11
„Jeder kehre vor seiner eigenen Tür“
Auch dieses Sonntagsevangelium konfrontiert uns wieder mit dem Themenkomplex Schuld und Sünde sowie Vergebung und Verzeihung.
Auch wenn die Ehebrecherin nach dem Gesetz hätte gesteinigt werden müssen, legt Jesus hier, wie so oft, einen anderen Maßstab an. Ohne die Schuld der Ehebrecherin zu mindern, macht er deutlich, dass – wie wir es heute sprichwörtlich sagen – sich „jeder an die eigene Nase packen“, „zuerst vor der eigenen Tür gekehrt werden“ und „eher der Balken im eigenen Auge als der Splitter im Auge des Anderen betrachtet werden“ sollte. Diese Aufforderung scheint die Umstehenden zu beeindrucken, denn sie nehmen von ihrem Vorhaben Abstand, da offensichtlich niemand die Bedingungen Jesu – selbst ohne Sünde zu sein, um einen Stein werfen zu dürfen – erfüllen kann.
Selbstverständlich kann dieser Anspruch Jesu uns auch heute ein wichtiger Anhaltspunkt sein, wenn wir andere Menschen verurteilen. Natürlich reicht das alleine nicht; natürlich gibt es Verhaltensweisen, die nicht ungestraft bleiben dürfen, nur weil diejenigen- beispielsweise die Richter in unserem Rechtstaat -, die die Strafe aussprechen oder durchsetzen, selbst auch nicht ohne Schuld sind. Aber bei jeglicher Art von Verurteilung, vor allem moralischer Art, sollte man sich auch immer an seinen eigenen Maßstäben messen lassen können.
Ein zweiter wichtiger Aspekt dieses Evangeliums ist, dass Jesus hierbei nicht stehenbleibt. Es reicht ihm nicht die Umstehenden von der Steinigung, durch Verweis auf die eigenen Sünden, abzuhalten, sondern er mahnt die Ehebrecherin zur Umkehr. Er entlässt sie deshalb mit den Worten: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von nun an nicht mehr!
Auch das ist ein wichtiger Grundsatz; Fehler – zumindest in einem gewissen Rahmen – können passieren, aber man muss sie einsehen und umkehren. Nur dann kann man sich unter Gottes Schutz stellen, wie hier die Ehebrecherin unter den Schutz Jesu.
Und ein letzter Aspekt ist bedenkenswert. Es steht nämlich nicht im Text: Und Jesus stand auf, erhob die Stimme und hielt eine lange Rede zur Verteidigung der Frau, sondern es heißt, dass er, eher unbeteiligt wirkend, sitzen bleibt und nur wie beiläufig etwas in den Sand schreibt. Natürlich kann über die Gründe dafür nur gemutmaßt werden, aber der Evangelist wollte uns damit wohl deutlich machen, dass Jesus wusste, dass es den Pharisäern und den anderen Umstehenden nicht in erster Linie um die Frau ging, sondern darum ihn selbst zum wiederholten Male auf die Probe zu stellen, um etwas gegen ihn in der Hand zu haben. Aber Jesus lässt sich nicht aus der Reserve locken. Er widerspricht nicht dem Gesetz des Mose, sondern fordert die Menge lediglich auf, zuerst auf das eigene Leben und das eigene Versagen zu blicken, bevor das Vergehen eines Anderen beurteilt und bestraft werden darf.
Ich wünsche uns für die kommende Woche einen wachen Blick für die eigenen Fehler und auch etwas Nachsicht mit den kleinen Schwächen unserer Mitmenschen. So können wir gemeinsam wahrhaft das Osterfest der Versöhnung – mit uns, unseren Mitmenschen und Gott -, die Auferstehung feiern.
Ihre Katharina Nowak
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